Fünfundzwanzigster Tag - Samstag, 28.08.2021
Regen in der Nacht
In der Nacht hörte man immer wieder den Regen auf das Dach trommeln, meine Hoffnung auf vielleicht besseres Wetter und etwas Sicht auf die Berge von der Passstraße aus schwanden zunehmend. Auch eine gewisse Resignation und Trauer stellte sich ein, gerade dieses schöne Stück Bergwelt nicht sehen zu können, eines der Höhepunkte jeder Rumänienreise. Aber gegen die Wetterunbilden sind wir machtlos, wir können sie nur hinnehmen.
Nach dem Hellwerden nur wieder Nebel, Verzweiflung. So frühstückten wir denn, nahmen uns Zeit, ein wenig Wohnmobilinnenreinigung und irgendwann dann nach Mittag ging es los, hier konnten wir nicht bleiben. Wir verabschiedeten uns von dem Bienenhonigverkäufer und dann ging es los.
Hinein in den Nebel auf die Transfagarasan
Je höher wir kamen, umso heller wurde es, noch hatten wir die Baumgrenze nicht hinter uns gelassen, da zeigten sich schon hinter den dünner werdenden Wolken erste Berggipfel. Auch die helle Sonnenscheibe zeichnete sich fahl ab.
An einer etwas breiteren Stelle mit Parkmöglichkeit, wo schon einige Autos standen, hielten wir an. Gegenüberliegende Berge waren zu sehen, die Seilbahn zum Lac Balea auf der Passhöhe fuhr gerade vorbei, doch Richtung Tal abwärts die Wolken und versperrten die Sicht.
Weiter ging es aufwärts, man konnte tatsächlich den Straßenverlauf sehen, doch weiter oben wurde es dunkler und dunkler. Zahlreiche Kurven und Kehren waren zu durchfahren, mal konnte man Blicke auf den Straßenverlauf Richtung Tal werfen, dann wieder war alles in den Wolken.
Oben auf Passhöhe bei über 2000 Metern nur dicke graue Nebelsuppe, dennoch massenhaft Autos und Menschen. An Parken war nicht zu denken, zwei mit Schranken gesicherte kostenpflichtige Parkplätze waren komplett besetzt, viele Menschen unterwegs auf dem unvermeidlichen Budenmarkt. Da man eh nichts sehen konnte versuchten wir so gut es ging parkende Autos und Menschen vorsichtig in der dunklen Wolkensuppe zu passieren. Dann ging es wieder abwärts, auch die Wolkenschwaden lichteten sich wieder etwas, wir sahen wenigstens, wohin wir fuhren. An einer Kurve ein Stand mit Wurst- und Käseprodukten, also kurz mal angehalten und etwas gekauft. Nun immer weiter, teils kurvenreich, teils gerade auf mal guten, mal rumpeligen Straßen hinunter. Tatsächlich auch mal für kurze Zeit Sonnenstrahlen, die die Landschaft und unser Gemüt erhellten.
Bären
Irgendwann dann plötzlich Stau, etwa ein Unfall? Nein, beim Näherkommen sah man am Straßenrand hinter der Leitplanke einen Bären. Jeder vorbeifahrende Autofahrer, auch die in Gegenrichtung, mussten am Bären halten, Fotos machen und evtl. auch etwas Futter hinauswerfen. So hielten auch wir in Bärenhöhe, die Fotos wurden geknipst und da in der Schlange hinter uns schon gehupt wurde ging es weiter. Toll, einen Bären in freier Wildnis, das fehlte uns noch.
An einer Wasserstelle, da wo ein Rohr aus der Stützmauer der Straße herauskommt, hielten wir und füllten mühlselig zwei Kannen in unseren Wassertank, immerhin 20 Liter mehr. Das Wasser lief so langsam heraus, dass ein weiterer Wasserschöpfer mit großem Kanister nach kurzer Wartezeit wieder davonfuhr, er hätte wahrscheinlich sehr lange gebraucht, um den Kanister zu füllen.
Weiter unten am Straßenrand dann erneut ein Bär, diesmal nicht hinter der Leitplanke, sondern gut sichtbar, wieder die gleiche Prozedur. Hier konnten wir wirklich gute Fotos schießen, Beate warf ihm noch unser vier Tage altes Reststeak zu, dass er jedoch verschmähte, wahrscheinlich ob der Würze.
Dafür nahm er zwei Äpfel dankbar an.
Er war gerade dort, wo wir mit dem Wohnmobil etwas von der Straße fahren konnten und somit den Verkehr nicht allzu stark behinderten. Plötzlich ein Knall, ein vorbeifahrender Autofahrer hatte einen Knallkörper Richtung Bär geworfen, wohl um ihn zu vertreiben, wir wissen es nicht. Der Bär jedoch ließ sich davon kaum beeindrucken, ging ein bisschen den Hang hoch, das war`s dann auch schon.
Am Stausee
Die Fahrt führte immer entlang des Lac Vidraru, dem größten Stausee Rumäniens, gebaut in den 60er Jahren. Irgendwann erreichten wir die Staumauer, auch hier wieder Verkehrschaos und natürlich – Budenmarkt. Auch wir stellten unser Wohnmobil weit entfernt von der Staumauer ab und liefen zurück. Etliche Bilder aus den unterschiedlichsten Perspektiven wurden gemacht, das Wetter so lala. Es regnete nicht, die Sonne schaffte es aber auch nicht, die Wolken zu durchbrechen.
Nach einem etwas längeren Aufenthalt ging es dann weiter durch zahlreiche Dörfer, die hier nicht wie nördlich der Fagaras-Berge langgezogene Straßendörfer sind mit bunten Häusern in der Anordnung Haus-Hofeinfahrt-Haus-Hofeinfahrt und dass alles in einer zusammenhängenden Front zur breiten Durchgangsstraße hin. Hier hat man eher Haufendörfer wie bei uns mit einzelstehenden Häusern, zwar auch z.T. an der Durchgangsstraße, aber auch weiter von ihr weg. In einer größeren Stadt hielt ich an, da ich sehen wollte, wo wir überhaupt waren und ob mein Reiseführer an dieser Strecke nicht noch etwas Sehenswürdiges aufzeigt. Ja, tatsächlich, in Curtea de Arges gibt es zwei sehr sehenswerte Kirchen. Also schauen, wo wir sind und wo sich die Kirchen befinden. Das Navi zeigte, dass wir tatsächlich genau in dieser Stadt und unweit der ersten Kirche standen. Also den Parkplatz angesteuert und zu der wunderschönen, in einem Park gelegenen orthodoxen Kirche gelaufen.
Hochzeit auf rumänisch
Zwischenzeitlich zeigte sich gar die Sonne. An der Kirche war viel los, etliche Hochzeiten wurden hier wohl am Samstag im Fließbandbetrieb gefeiert. Die Kirche war hübsch geschmückt und sehr viele Menschen, wohl meist Teilnehmer der Hochzeitsgesellschaften, waren unterwegs. Dann strömte eine Hochzeitsgesellschaft hinter dem Brautpaar in die Kirche und Beate meinte, man könne da ja auch mit. Ich zögerte, ging dann aber doch mit hinein.
Eine orthodoxe Hochzeit findet wie alle orthodoxen Gottesdienste komplett im Stehen statt, Stühle gibt es in den Kirchen nicht. Herrliche gregorianische Gesänge eines Männerchores erklangen und während der gesamten Zeremonie wurde nur gesungen. Es ist auch so üblich, dass Leute kommen und gehen. So blieben denn auch wir nicht bis zum Ende der Feier sondern kehrten zum Wohnmobil zurück. Die zweite im Reiseführer erwähnte Kirche fuhren wir nur an, da es aber keinen Parkplatz gab und eine Kirche ohnehin genug war anzusehen, fuhren wir vorbei und in Richtung eines von Beate in der Nähe ausgesuchten Campingplatzes.
Waschtag im Zigeunerwagen
Hier angekommen, suchten wir die Schmutzwäsche zusammen, da eine Waschmaschine zur Verfügung stand. Die Wäsche zum Trocknen rausgehängt, doch leider bezog sich der Himmel kurze Zeit später sodass alles reingeholt werden musste. Über jeden Sitz, jede Kante, jede Möglichkeit wurde nasse Wäsche gehängt, unser Wohnmobil sah aus wie ein Zigeunerwagen, Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Nach dem Dunkelwerden erhellten Blitze den Abendhimmel und es donnerte immer bedrohlicher. Plötzlich dann setzte Regen ein, aber was für ein Unwetter. Kirschkerngroße Hagelkörner gingen nieder, wir machten uns schon Sorgen um unser Wagenblech. Ein richtiger Starkregen ging herunter, zum Glück nur ca. 15 Minuten, dann ging es über in normalen Regen über, der uns auch beim Einschlafen begleitete.
Gefahrene Kilometer: 108 km
Hallo Ihr Zwei,
um diese tolle Beobachtung von dem Bären beneide ich Euch. Ich bin ein absoluter Bärenfan.
Viele Grüße Hubert
Gott sei Dank war Meister Petz friedlich gestimmt. Ganz geheuer wäre mir so ein angefütterter Zeitgenosse aber nicht.
Es ist aber ein sehr schöner Tagesbericht, auch wenn ihr nicht viel sehen konntet.
Danke für deine Antwort, zu kommunistischten Zeiten wurden sie angefüttert, dass die Großkopferten was zum Abschiesen hatten. Jetzt müssen die armen Bären an der Straße betteln.
Hallo Hubert,
die Bären am Straßenrand sind ziemlich zutraulich. Sie wollen nur was zu fressen.
Wir hatten Glück dass wir an einem Tag drei Stück gesehen haben.
Gruß Beate
Würde keinen Fuß mehr vor das Womo setzen, angesichts der Bären. Horror, auch ohne Graf Dracula.
Hallo ihr zwei,
gut dass wir im Auto waren. Stefan wollte dass ich aussteige. Dann hätte er mich los.
Grüßen euch herzlich Beate und Stefan