Fünfundzwanzigster Tag, Sonntag, 05.06.2022
Auf so einem Campingplatz ist alles viel einfacher, es gibt Strom, mit Wasser muss nicht gespart werden, man kann so oft aufs Klo wie man will ohne das eigene zu füllen und der Abwasch ist auch leichter zu erledigen. Und doch fehlt der Flair, den so ein einsamer Stellplatz am See oder in den Bergen hat. Zudem steht man nicht unter Zeitdruck, bis 11:00 Uhr den Platz verlassen zu müssen. Nun, bald schon stehen wir wieder und sind wir wieder frei.
Die Fahrt führte uns bei schönstem Sonnenschein hinunter in das kleine Städtchen Oban. Wir parkten auf einem Parkplatz, auf dem es am Sonntag erst ab 13:00 Uhr etwas kostet und dann die ersten zwei Stunden frei sind. Somit konnten wir dort theoretisch bis 15:00 Uhr stehen. Interessant war eine Tafel mit den Regularien für diesen Parkplatz und der Strafandrohung bei Missachtung: 60 Pfund Bußgeld. Zahlt man das allerdings in den ersten 14 Tagen nach der Verwarnung, bekommt man 50% Rabatt. Das wäre auch ein Modell für Deutschland.
Wir bummelten zunächst etwas durch die Stadt, hier ist es Sonntags genauso geschäftig wie am Wochentag, die Geschäfte haben geöffnet (zwar „nur“ bis 20:00 Uhr, sonst bis 23:00 Uhr) und die Autowerkstätten arbeiten. Nur vereinzelt sieht man geschlossene Läden. Dann gingen wir zur Hafenpier, auf der eine Fischbude stand und dort leckere Jakobsmuscheln mit Pommes verkauft wurden. So eine Portion wäre was für uns. Als wir jedoch an der Reihe waren, gab es keine mehr. So nahmen wir denn Langustinen, auch gut. Kaum waren wir fertig, sahen wir, dass wieder Jacobsmuscheln im Angebot waren. Zu spät für uns.
In Oban wie auch sonst in ganz Schottland und England sieht man auf den Hausdächern immer unzählige Kamine und man fragt sich, warum? Nun, die heutigen britischen Bauvorschriften lassen sich bis ins Jahr 1666 und den großen Brand von London zurückverfolgen, bei dem ein großer Teil der Hauptstadt zerstört wurde. Das Feuer hatte sich leicht zwischen den hauptsächlich aus Holz gebauten Gebäuden ausgebreitet. Der daraus resultierende „London Building Act“ von 1667 legte Mindestabstände zwischen Gebäuden und andere brandbedingte Einschränkungen für Neubauten fest, z.B. separate Rauchabzüge für jeden Kamin.
Vor der Rückkehr zum Auto noch ein Einkauf im nahen Supermarkt, dann mit dem Womo zum Fähranleger. Dort mussten wir bis viertel nach drei warten bevor es an Bord ging. Pünktlich um viertel vor vier legte das Schiff ab mit Kurs auf Craignur auf der Insel Mull. 45 Minuten dauerte die Fahrt über das glitzerne Meer vorbei an kleinen Inselchen und einem Leuchtturm.
Das Bugtor öffnete sich und wir konnten an Land. Der ausgesuchte Stellplatz lag am südwestlichen Ende der Insel und die Fahrt dorthin über kleine Single Track Roads dauerte über eine Stunde. Sehr lästig und sicher auch kraftstoffraubend ist das ständige Anhalten an den Passing Places und das Wiederanfahren. Die Insel Mull ist überflutet von grün in den unterschiedlichsten Abstufungen und Intensitäten. Soviel sattes grün wohin man schaut sieht man selten. Auffallend auch der hier verhältnismäßig viel vorhandene Nadelwald, der sich dunkelgrün vor hellgrünem Hintergrund abhebt. Schafe waren so gut wie gar nicht zu sehen, nur an einer Stelle tummelten sie sich. Hier sahen wir auch in der Ferne braune, größere Tiere. Mit dem Fernglas entdeckte ich die von Beate so sehnlichst gesuchten schottischen Hochlandrinder. So hielten wir an und näherten uns den Tieren ganz vorsichtig, um gute Fotos zu bekommen. Man weiß ja nicht, ob diese Rinder mit den langen, spitzen Hörnern genauso friedlich sind wie das heimische Vieh. Die Fotos waren gemacht, weiter ging es zum Stellplatz nahe der Ortschaft Fionnphort, von wo aus morgen der Ausflug zum Inselchen Staffa startet.
Der Stellplatz war nur ein kleines, flaches Stückchen Wiese an einer Straße zu einem Campingplatz. Traumhafte Aussicht hier und sehr ruhig. Nur wenige Autos waren von und zum Campingplatz unterwegs.
Grill raus, Fleisch drauf, Bier ins Glas und fertig ist der perfekte Feierabend unter strahlender Abendsonne. Wenn da nicht die kleinen Mücken wären, die zu Unmengen im Laufe des Abendessen über uns herfielen. Weder Mückenschutzspray noch die als „bewährter Mückenschutz im Haus und im Freien“ beworbene Anti-Moskito-Kerzen halfen. Nachdem wir unser Grillgut verzehrt hatten, mussten wir ins Wohnmobil fliehen. Lauer Sommerabend adé.