Ins Nichts, durch Nichts -Zigeunerland

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Sechsundzwanzigster Tag - Sonntag, 29.08.2021

Regen in der Nacht – immer noch

Am Morgen immer wieder heftige Regenschauer, wir brauchten nicht zu hetzen, an Weiterfahrt war nicht zu denken. Also zunächst mal wieder ausgiebige Körperpflege unter der Dusche, dann Frühstück und während Beate die Fotos und Berichte des letzten Tages einstellte konnte ich den 230 Volt Strom gut nutzen, um mit dem Staubsauger unser Wohnmobil vom Dreck der vergangenen Tage zu befreien.
Wenn es draußen nass ist, bringt man immer sehr viel Schmutz und Dreck ins Wohnmobil. Den galt es nun mal wieder zu entfernen, denn ab dem Montag ist wieder gutes, sonniges und warmes Wetter angesagt. Und die Wettervorhersage hat hier bisher so ziemlich gestimmt.
Wir hatten heute einen Fahrtag vor uns mit nur einem Ziel, der erfahrene Kreuzfahrer würde von einem Seetag sprechen.

Unser Ziel im Nichts

Der Süden Rumäniens ist in meinem Reiseführer ein weißer Fleck, keine Tour dorthin ist beschrieben, keine Sehenswürdigkeit zu entdecken.
Dennoch gibt es dort etwas, was wir uns anschauen wollten, trotz Warnungen.
Im Süden Rumäniens, in der Nähe der Stadt Alexandria (natürlich nicht die in Ägypten) gibt es einen seltsamen Ort, auf Google Earth exakt recheckig zu erkennen, in dem die Zigeuner unglaubliche Bauten errichtert haben, ein Haus größer und pompöser als das andere.
Nur mit dem kleinen Nachteil, dass sie im Rohbau geblieben und nicht bewohnt sind. Das wollten wir uns mal anschauen. Allerdings hatte ich gelesen, dass man nicht unbedingt zu Fuß oder allein, bewaffnet mit Fotoausrüstung da herumspazieren sollte, Fremden gegenüber besteht ein besonderes Misstrauen und evtl. auch eine Feindseligkeit.
Die Frau unseres Wohnmobilnachbarn gestern konnte sehr gut deutsch und ich kam mit ihr ins Gespräch, auch über diesen Ort und sie meinte nur, man solle da nur aus dem Auto heraus fotografieren.

Abfahrt ins Nichts

Entsprechend instruiert fuhren wir also Richtung Süden. Die Gegend wurde zunehmend flacher und öder, nichts Interessantes gab es zu sehen. Die Erde schwarz als wäre sie verbrannt, die Dörfer wenig schön. Ich fragte mich, wovon die Menschen hier leben, was sie überhaupt tun können. Insbesondere die jungen Leute, die mithilfe der modernen Medien ja eine gänzlich andere, für viele vielleicht bessere Welt sehen können. Verständlich, dass der, der es sich leisten kann, weggeht, ins Ausland oder in die Stadt. Viele junge Frauen erliegen sicherlich den Verheißungen von Menschenhändlern, werden nach Deutschland oder in ein anderes westliches Ausland gelockt und landen dann in der Prostitution.
Auch stellte ich mit vor, durch diese trostlose Gegend an der Donau entlang mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, nicht erstrebenswert. So näherten wir uns auf meistens schlechten bis sehr schlechten Straßen unserem heutigen Zwischenziel.

Walachei
Nichts, nur öde Landschaft
Irgendwo
Irgendwo
Buzescu – Zigeunerstadt
Buzescu
Buzescu – Zigeunerstadt
Buzescu – Zigeunerstadt

Buzescu – Zigeunerstadt

Knapp 180 Kilometer waren zurückzulegen, ehe wir uns dem Örtchen Buzescu näherten.
Vor der Ortseinfahrt wechselten wir, Beate auf den Beifahrersitz, ich ans Steuer. So konnte sie Fotos schießen während ich langsam durch die Hauptstraße fuhr.
Was wir sahen, rief Kopfschütteln hervor, gewaltige, mit dicken Säulen und Freitreppen versehene Häuser, riesige Dächer, Türmchen, Balkone, Verzierungen, eines dem Weißen Haus in Washington nachempfunden, kurz gesagt, atemberaubende Häuser, eins neben dem anderen die Hauptstraße entlang.
Allein, keines war über den Rohbau hinaus fertig geworden, bewohnt waren sie allesamt nicht. Dafür hatte fast jedes zur Straße hin einen gewaltigen, mit Ornamenten verzierten metallenen Zaun. Zaun scheint auch hier, in Rumänien und bei den Zigeunern, äußerst wichtig und Statussymbol zu sein.
Wir fuhren zweimal die Hauptstraße entlang, nur in einer Seitenstraße sah ich eine Ansammlung von jungen Männern, sonst war niemand unterwegs.

Allerdings hatte ich gehört, dass es vorkommen kann, dass plötzlich wie aus dem Nichts viele Männer zusammenkommen und den Fremden evtl. unangenehm bedrängen. Das wollte ich vermeiden, drum blieben wir im Auto.

Buzescu – Zigeunerstadt

Durch Nichts

Dann planten wir die Weiterfahrt. Wir wollten ganz in den Süden, wieder an die Donau heran, die hier dann Grenzfluss zu Bulgarien ist. In der Ortschaft Giurgiu wurde auf dem dortigen Kaufland-Parkplatz ein Übernachtungsplatz empfohlen. Also ging es dort hin. Das Wetter hatte sich bereits kurz nach der Abfahrt zunehmend gebessert, zwar noch kein wolkenloser Himmel, aber immerhin schon wieder 25 Grad, mächtig viel mehr als die 13 oder weniger Grad die Tage zuvor.
Es ging weiter durch ziemlich hässliche Dörfer, Dreck und Schrott am Straßenrand, offenbar Zigeunerdörfer, denn die handeln hier vornehmlich mit Alt- und Buntmetallen.

Wir durchfuhren aber auch gepflegte Dörfer, in denen die Leute auf Bänken vor ihrem Haus am Straßenrand saßen, allein oder in Gruppen, an kleinen Bars auch beim sonntäglichen Bier. Manchesmal erschien es idyllisch inmitten eines doch trostlosen Dorfes. Vielleicht muss man hier geboren sein, um sich hier wohlfühlen zu können. Auffallend, vor vielen Häusern große und moderne Autos, meistens der Marken Audi, BMW oder Mercedes. Alte, klapprige Wagen gibt es in ganz Rumänien nicht mehr, außer als Wrack am Straßenrand.

Auf der Suche nach der Donau

Inzwischen waren wir Giurgiu näher gekommen, Grenzort zum bulgarischen Russe. Die Donau ist hier Grenzfluss, sodass wir nach lange Abstinenz mal wieder einen Blick auf sie werfen wollten. Doch wohin wir auch fuhren, kein Blick möglich. Der Grenzkontrollposten Rumänien-Bulgarien liegt soweit vorher auf rumänischen Gebiet, dass die Donau von dort aus nicht zu sehen ist. Auf der Karte war ein Weg eingezeichnet, der Näher ans Ufer heranführen würde, doch da ging es auf holpriger Betonplattenstraße nur zum ehemaligen Grenzübergang, verrostet und ausgedient.

Irgendwo

Also zurück, durch die Stadt und zum beschriebenen Parkplatz. Dort in der hinteren Ecke geparkt und da Kaufland auch am Sonntag bis 20:00 Uhr geöffnet hat, schnell noch ein Abendessen und andere Vorräte für die nächsten Tage gekauft.

Morgen heißt das Ziel Bukarest, von hier aus sind es nur ca. 60 km. Das Schwarze Meer und auch das Donaudelta mit dem Stromkilometer Null rücken näher.

Gefahrene Kilometer: 270 km

Landkarte: Von den Bergen nach Giurgiu

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