Schon lange hegte ich den Wunsch, einmal nach Oradour sur Glane zu kommen, dort wo am Nachmittag des 10. Juni 1944 ca. 200 Soldaten der SS-Einheit „Das Reich“ einen Massenmord an 643 Männern, Frauen und Kindern verübten. Viele Bilder von den stehengebliebenen Ruinen hatte ich schon gesehen, doch der Ort etwas nordwestlich von Limoges war dann doch zu weit für einen Kurztrip nur dorthin. Doch jetzt lag er auf unserer Rückreiseroute, und da war es selbstverständlich, dort einen Halt einzulegen.
Natürlich ist auch hier ein Touristenzentrum davorgeschaltet worden, mit kostenpflichtiger Ausstellung zum Thema und einem Buch- und Souvenirladen. Über die Geschichte der NS-Zeit wollten bzw. brauchten wir uns nicht näher zu informieren, deshalb durchquerten wir den Eingangsbau und kamen zunächst an einer Gedenkwand vorbei, an der Fotos, Namen und Daten fast aller Opfer des Massakers zu sehen sind. Dazu werden monoton in Dauerschleife die Namen und das Alter der Opfer aus Lautsprechern angesagt.
Dann ging es hinaus in ein völlig zerstörtes Dorf, nur verbrannte Ruinen sind stehen geblieben. In den Häusern teilweise noch rostiges Mobiliar, Nähmaschinen oder Küchenutensilien. An vielen Hausruinen sind die Namen und früheren Tätigkeiten der Bewohner angebracht. In einer Garage stehen noch viele zerstörte und verrostete Autos, auch der Wagen des Dr. Déserteaux steht noch so auf der Straße, wie er ihn damals abgestellt hat. Dieser Wagen vor den Ruinen der Häuser ist eines der berühmtesten Bilder von Oradour sur Glane.
Wir durchstreiften den ganzen Ort, der bereits im Mai 1945 auf Anordnung General De Gaulles zum Märtyrerort erklärt wurde, in dem nichts verändert werden darf und der zukünftigen Generationen den Wahnsinn des Krieges und den damit verbundenen Ehrverlust von kämpfenden Soldaten deutlich machen soll.
Denkt man allerdings an die Gegenwart in der Ukraine, so wird dies ein immer unerfüllter Wunsch bleiben.
Die Ruinen müssen vor dem endgültigen Verfall bewahrt werden, was gar nicht so einfach erscheint. In etlichen Häusern sahen wir betonierte Stützgerüste, ein Gebäude wurde gar einer Einsturzsicherung unterzogen. Im nächsten Jahr jährt sich das Ereignis zum 80. Mal, und ist und bleibt ungeklärt, warum diese 200 Männer eine solch schreckliche Tat begangen haben.
Leider ist keiner der Verantwortlichen, derer man habhaft werden konnte, weder von französischen noch deutschen Gerichten entsprechend zur Verantwortung gezogen worden.
Tief beeindruckt kehrten wir zum Wohnmobil zurück, um nun endlich Fahrt aufzunehmen und die etwas über 800 Kilometer bis nach Hause hinter uns zu bringen.
Gefahrene Kilometer Wohnmobil: 355 km
Oradour sur Glane, auch neu für mich, trotzdem ich in der Schule die Nazizeit „rauf u d runter“ hatte, und mein Vater selbst noch Soldat gewesen ist, hatte ich davon noch nie was gehört. Beeindruckend so eine Erinnerungsforfrouine.