Es geht südwärts

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12. Tag, Freitag, 09.06.2023

Am wilden Atlantik

Da wir genügend Zeit hatten und uns nicht hetzen wollten ging es erst recht spät heute morgen los, die Sonne hatte es tatsächlich geschafft, schon viel früher als sonst die bleigraue Wolkendecke, die uns fast jeden morgen begrüßte, zu verdrängen. So konnten wir denn schon bei Sonnenschein in den Tag starten. Die nordwestlichste Spitze der Halbinsel Cotentin war unser Ziel. Hier, in der Nähe von Auderville wurden 1902 durch Edouard Branly das erste Mal mit dem sogenannten Sémaphore Nachrichten drahtlos an Schiffe im Atlantik übermittelt. Mehr als 300 Kilometer konnte man zwar noch nicht schaffen, aber ein Anfang war gemach

Hier waren wir zwar noch am Kanals, aber der Tidenhub des Atlantiks war so hoch wie sonst selten und das Wasser stieg mit großer Geschwindigkeit. Wir konnten sehen, wie massiv das auflaufende Wasser in die Bucht strömte, wie ein kleiner Fluss. Der Wellengang war recht heftig und der Wind blies ordentlich. Natürlich auch an dieser Stelle ein großer Bunker des Atlantikwalls, ein sehr merkwürdiger Bau ohne Sehschlitze oder Schießscharten, nur ein großer Raum und anschließende kleinere sowie außen eine steile Rampe zum Bunkerdach. Wahrscheinlich war oben auf dem Bunker ein Geschütz platziert, dass immer wieder über die Rampe in das Innere des Bunkers verfrachtet werden konnte. Jeder dieser massiven und tatsächlich für die Ewigkeit gebauten Anlagen verdeutlichen mir mehr und mehr den Wahnsinn dieser NS-Ideologie. Die ganze französische Kanal- und Atlantikküste ist mit solch landschaftsverschandelnden Bauwerken versehen, die nur dazu da waren, einen Feind abzuhalten, in ein besetztes Land einzufallen. Niemals hätte dies auf Dauer funktioniert und wir können nur froh sein, dass dieser hitlerische Größenwahn nach 12 Jahren vorbei war. Leider mit katastrophalen Folgen.

Am Kanal
Am Kanal
Bunker
Bunker
Am Kanal
Am Kanal
Blumenpracht
Kühe
Sandregenpfeifer
Sandregenpfeifer

Panzerwracks in den Dünen

Weiter ging es nach Biville und in die dortige grandiose Dünenlandschaft. Beate hatte mir Bilder davon gezeigt, auch das dort noch einige amerikanische Panzerwracks im Dünensand dahin rosten. Das muss man gesehen haben. Die Fahrt dorthin führte uns vorbei an einer riesigen Industrieanlage, deren Ausmaße gar nicht enden wollten. Durch Google erfuhren wir, dass wir hier entlang der 2,5 Kilometer langen und ein Kilometer breiten französischen Wiederaufbereitungsanlage für atomare Brennstäbe „La Hague“ fuhren. Gehört hatte ich davon schon, nun sah man sie auch, mit doppeltem Stacheldrahtzaun und elektronischen Sicherungen versehen wie ein Hochsicherheitstrakt. Was sie wahrscheinlich auch ist.

Dünen von Biville
Dünen von Biville

Kurz darauf befanden wir uns in einer großen, unbeschreiblich schönen und interessanten Dünenlandschaft, wie wir sie bisher noch nicht gesehen hatten. Ein wenig erinnerte das an das zerbombte Gebiet am Pointe du Hoc, doch hier gab es keine Bombenkrater, nur Dünen.

Ein kurzer Spaziergang am Strand entlang führte uns ebenfalls zu einen deutschen Bunker. Hier war wohl mal ein Geschütz im Inneren montiert, doch inzwischen hatte das Meer das riesige Bauwerk aus seinen Grundfesten gerissen und schräg in den Wind gestellt. Auch Betonbauten am Dünenrand hingen schief und unbenutzbar am Abhang. Auch in der Ferne sahen wir ein ähnliches Bild.

 

Irgendwo in dieser Dünenlandschaft soll es auch noch zwei amerikanische Shermanpanzer geben, die ich gewillt war aufzusuchen. Leider war dies Unterfangen nicht ganz einfach und wir mussten recht weit rauf und runter durch die Dünen und über sandige Wege laufen. Doch nahe am Ziel hatte auch Beate das Verlangen, nicht umsonst den Weg durch diese wunderbare Landschaft gemacht zu haben. Mithilfe von google maps gelang es uns dann doch noch, eines dieser Wracks zu finden. Damit war auch mein Wunsch erfüllt, nach ein paar obligatorischen Fotos ging es zurück zum Wohnmobil.

Dünen von Biville
Kunst an Bunkerresten
Kunst an Bunkerresten
Kunst an Bunkerresten
Rostiger amerikanischer Shermanpanzer
Rostiger amerikanischer Shermanpanzer
Wollgras im Wind
Wollgras im Wind

Was machen wir heute zum Abendessen?

Jeden Tag genau wie daheim die immer gleiche Frage: was gibt es heute zum Abendessen? Schon wieder Spaghetti wollten wir nicht, Käsefondue wäre mal eine Abwechslung. Also in einem Intermarché noch ein Baguette gekauft und zusätzlich andere Dinge, die wir eigentlich gar nicht vorhatten zu kaufen, aber so geht es in einem Supermarkt mit riesigem Angebot.

Inzwischen hatte sich das Wetter gewandelt, es sah sehr nach Gewitter am Abend aus. Also nicht weit entfernt einen sehr schönen Stellplatz direkt oberhalb des Meeres gesucht und gefunden. In Frankreich bzw. hier in der Normandie gibt es außerhalb der größeren Ortschaften überall wunderbare Stellplätze, wo man völlig allein ist und auch evtl. vorbeikommende Leute einen nur freundlich grüßen. Ein Paradies für Wohnmobilisten.

Stellplatz am Meer
Stellplatz am Meer

Der Wind hatte nachgelassen, auch das Meer lag ruhig da. Unser idyllischer Stellplatz war versehen mit Picknickbänken und einer grandiosen Aussicht. Auch das gefürchtete Gewitter kam nicht, die Wolken lockerten wieder auf und man konnte den Abend draußen genießen.

Hier zu sitzen mit einem Glas Wein, dem herrlichen Blick auf das Meer und der nur wenige Meter entfernten Unterkunft für die Nacht war einfach traumhaft. Was will man mehr?

Gefahrene Kilometer: 68 km

Landkarte

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ruth Sieker-Hoppmann

    Ein wirklich toller Platz zum Übernachten. toller Blick und ganz alleine 😘

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