Neunzehnter Tag - Sonntag, 22.08.2021
Jetzt sind es schon drei Tage, an denen wir kein funktionierendes WLAN mehr hatten und neue Berichte einstellen konnten. Dass es in den Bergen und Tälern nicht möglich ist, Internetempfang zu haben, war uns klar, aber in der Stadt auch nicht, wo es doch hieß, Rumänien ist besser mit Internet und freiem WLAN versorgt als Deutschland, erstaunte uns. Nun, müssen sich die interessierten Leser halt leider gedulden.
Frühstück hatten wir draußen in der herrlichen Bergwelt, dann weiter die Transalpina nunmehr runterwärts in vielen Kehren und später auf kurvenreicher Strecke durchs Tal. Unterwegs an einem Staudamm dann der obligatorische Budenmarkt mit Souvenir und Essenständen. Auf der Sperrmauer in beiden Richtungen das absolute Halteverbotszeichen, aber zumindest in einer Richtung hielt sich niemand daran, es wurde geparkt wo Platz war. Die Rumänen legen die Verkehrsregeln ohnehin so aus, wie es ihnen passt.
Wir stiegen auch aus, schauten uns um, Beate aß eine sehr leckere mit gekochtem Schinken und Käse gefüllte Hefeteigtasche, ehe wir die Weiterfahrt fortsetzten.
Irgendwann nach vielen Kurven und wenig abwechslungsreicher Strecke kam dann die Abzweigung, die wir Richtung Sibiu – Hermannstadt nehmen wollten. Sogleich ging es auf schmaler steiler Straße in vielen Kurven wieder aufwärts. Einige Dörfer wurden durchquert, in einem, Jina hielten wir ob der recht großen Kirche an.
Leider war sie geschlossen, so gingen wir etwas durch den sonntäglich (oder vielleicht auch stets) verlassenen Ort, kamen an einem Restaurant vorbei, wo eine große Hochzeit gefeiert wurde, und gingen weiter die Straßen entlang. Eine Vielzahl an Leuten, schwarz gekleidet und die Frauen mit Kopftuch, kam uns entgegen. Fast alle trugen in einer Plastiktüte einen Kochtopf mit Inhalt. Sie kamen aus einem Haus, in dem wir eine vormals gut gedeckte Mittagstafel sahen und vermuteten, dass hier ein gemeinsames Mittagessen, evtl. ein Leichenschmaus, stattgefunden haben könnte und ein jeder die Reste im Topf mit nach Hause nehmen konnte. Nun, wir werden es nie erfahren.
Hermannstadt
Irgendwann dann gegen 15:00 Uhr erreichten wir Hermannstadt. Die Stellplatzsuche war wie in einer Stadt üblich nicht ganz so einfach, schließlich fanden wir fast im Stadtzentrum auf einem großen, knallvollen Parkplatz glücklicherweise noch eine für uns geeignete extra lange Stellfläche. Parkgebühren zwei Lei pro Stunde, maximale Parkzeit 24 Stunden. In einer Stadt kann man mehr nicht erwarten, umsonst über Nacht in Zentrumsnähe stehen schon gar nicht.
Die Fußgängerzone war gut mit Menschen gefüllt, überall Eisstände, Straßencafés und Restaurants mit Außenbewirtschaftung. Hermannstadt ist im Zentrum ein sehr schmuckes Städtchen, viele schöne Häuser, die es so in rumänischen Ortschaften selten gibt. Man merkt den deutschen Einfluss, der hier seit über 700 Jahren präsent ist, mal mehr, mal weniger. Die Stadt ist praktisch dreisprachig, rumänisch, englisch, deutsch. Das Leben ist hier wie auch schon in Serbien „normal“, wie bei uns immer zu sagen gepflegt wird, wenn wir an die Vor-Coronazeit denken. Hier ist Corona offenbar fast schon vorbei. Maskenpflicht gibt es nur im Touristeninformationszenterum und den Kirchen.
Am frühen Abend dann das jeden Tag zur Gewohnheit gewordene Feierabendbier, diesmal gepflegt in einem Straßenrestaurant.
Danach schlenderten wir noch etwas durch die Gassen und trafen auf eine kleine urige Weinstube. Hörte sich gut an, die Speisekarte war auch auf deutsch, gute rumänische Weine sollte es auch geben. Auch hier hatten wir wieder Glück, der letzte freie Tisch wurde uns zugewiesen.
Das Essen war tatsächlich sehr lecker, die Flasche Wein auch, alles zusammen für 15,-€ pro Person, kann man nicht meckern.
Zurück ging es wieder durch die Fußgängerzone und hier tobte das Leben, Menschenmengen wie zu Zeiten des Wiesbadener Weinfestes (also seeeehr viele). Straßenmusiker und Künstler waren unterwegs, eine Gruppe mit Kangoo Jumps (Springschuhen) zeigte ihr Können und zog durch die Fußgängerzone, begleitet vom Strom der Menschen. Ich kann bei diesem Anblick immer nur wieder den Kopf schütteln ob der Inzidenzhörigkeit unserer Politiker. Die Menschen lassen sich nur begrenzt gewaltlos einsperren, danach wollen sie wieder leben, ohne Einschränkungen. Unsere Politiker haben das offenbar noch nicht erkannt oder wollen es nicht erkennen. Wer geimpft ist und den Aussagen der Wissenschaftler glauben schenkt, dass die Impfung wirkt, braucht keine Angst zu haben, die anderen, nicht geimpften sind selber schuld, wenn sie erkranken. Soll der Staat sich da raus halten.
Wir kehrten zum Wohnmobil zurück und machten uns fertig für die Nacht.
An Schlaf war leider erstmal nicht zu denken. Es war heiß, der Körper schwitzig klebrig, zudem dröhnte das Wummern der Bässe vom zentralen Platz herüber, wo Programmpunkte des Theaterfestivals im Gange waren. Plötzlich dann gegen ein Uhr in unmittelbarer Nähe unseres Wohnmobils fürchterlich lauter Rap, gepaart mit kreischenden Menschen und dröhnenden Motoren. Von Lärmbeschränkungen bei Motorrädern haben die Rumänen wahrscheinlich noch nichts gehört. Ich stand auf, schaute, ob ich die Herkunft des Lärms ausmachen konnte – Fehlanzeige. Irgendwann wird es schon ruhiger werden, doch das dauerte bis halb zwei. Endlich Ruhe. Nein, falsch gedacht, plötzlich Rock- und Popmusik, allerdings etwas moderater in der Lautstärke. Dann endlich um Punkt zwei Uhr Musik aus, aber immer noch nicht das Gekreische der Menschen, das Gedröhne der PS – Boliden und das Dröhnen der Motorräder. Um halb drei Ruhe. Endlich konnte man schlafen, auch die Temperaturen waren erträglich. Übernachten in der Stadt ab sofort nicht mehr. Wie schön war da die Grabesruhe in den Bergen.
Gefahrene Kilometer: 129
Landkarte: Fahrt durch Siebenbürgen nach Herrmannstadt