Auf den Spuren der Sowjetunion

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Einundvierzigster Tag - Montag, 13.09.2021
Irgendwo in Transnistrien

Rundgang durch Tiraspol

Geschlafen hatten wir recht gut in der leeren Wohnung von Andrej, obwohl wir so fluchtartig unser Wohnmobil verlassen mussten. Zum Glück hatten wir unsere Decken mitgenommen, sonst hätte es schlecht ausgesehen. Da wir uns erst um viertel vor elf mit dem Filmteam und einer weiteren Tourteilnehmerin aus Chisinau treffen wollten, hatten wir genug Zeit, um noch zwei ausstehende Berichte auf unsere Homepage einzustellen. Ich holte derzeit unser Wohnmobil vom Parkplatz.

Zur vereinbarten Zeit trafen wir Andrej, ein Filmteam aus Hamburg, das aus Studenten der Filmakademie Stuttgart bestand und die einen Trailer für einen Film über Tourismus in Pridnestrowje drehen wollten und Christina, eine alleinreisende Touristin aus Frankfurt.
Die Tour stand unter der Überschrift „Sowjettour“. Es ging zunächst zum Theater, an dem 1990 die Revolution begann und es letztlich nach blutigen Kämpfen 1992 zur Abspaltung des Landstrichs rechts von Fluss Dinister und zum selbständigen Gebiet Transnistrien oder russisch Pridnestrowie kam. Dieser Pseudo-Staat ist bisher weltweit von niemandem anerkannt, lebt und überlebt aber durch Unterstützung von Russland.

Wir schauten uns weitere Bauten in Tiraspol an, eine im Gegensatz zu Chisinau sehr saubere und ordentliche Stadt. Es ging zum Regierungsgebäude und zu den Gedenkstätten für die Opfer des Großen Vaterländischen Krieges, des Afghanistankrieges und seit einiger Zeit auch für die Arbeiter, die sogenatnnten Liquitatoren, die in ihrem Einsatz beim Atomkraftwerk Tschernobyl gestorben sind und Bürger des Landstrichs Pridnestrowje waren.

Weiter ging es nach Bender, wo drei weitere sowjetische Heldendenkmäler zu besichtigen waren. Ein riesiges Monument ist für die gefallenen Kämpfer der Revolution von 1990-1992 errichtet worden. Das letzte Sowjetische Heldendenkmal ist den Kämpfern in Afghanistan gewidmet.

Zum Abschluss der Tour führte Andrej uns in ein gutes Restaurant, wo wir ein kleines Mittagessen einnehmen konnten. Dann ging es zurück zum morgendlichen Treffpunkt, inzwischen war es 16:00 Uhr geworden.
Andrej Smolensky mit seiner Firma „Transnistrien-Tours“ ist wirklich zu empfehlen, ein netter hilfsbereiter junger Mann, der mit großem Wissen und Kompetenz und erkennbarer Liebe zu seinem Land Reisende zu begeistern vermag. Keine Frage blieb unbeantwortet, wir können wirklich sagen. Pridnesrowie besser kennen gelernt zu haben. (www.transnistrien-tours.com)

Transnistrien
Theater in Tiraspol
Andrej
Transnistrien
Rathaus von Tiraspol
Irgendwo in Transnistrien
Regierungsgebäude in Tiraspol
31 Jahre Transnistrien
31 Jahre Transnistrien
Transnistrien

Kloster Citkani (sprich: Kitzkani)

Der Tag war noch nicht geeignet, ihn schon zu beenden, also beschlossen wir, noch etwas zu unternehmen. Da, wo wir am Morgen das Wohnmobil geparkt hatten, wollten wir ohnehin nicht bleiben.
Somit legte ich als Besichtigungsziel das im Süden liegende Kloster Citkani fest, ca. 23 km Fahrt. Es schien auf der Karte so, als läge es schon hinter der Grenze wieder auf moldauer Gebiet, ich wusste aber durch Andrej, dass es sich trotz der Lage links vom Dinister noch auf transnistrischem Territorium befindet.

Wir fuhren durch Bender und weitere Dörfer, bis wir plötzlich im Wald auf eine Kontrollstelle mit Schlagbaum stießen. Hier standen zwei junge Grenzer, Autos mit Nummernschildern aus Transnistrien passierten munter ohne Kontrolle den Posten.
Was nun, verlassen wir jetzt doch diesen Landstrich und kommen wir wieder zurück? Ich stieg aus, ein junger Grenzer kam auf mich zu. Sprach natürlich kein englisch. Aber er war clever und hilfsbereit, nahm sein Smartphone und nun versuchten wir per google Übersetzer zu kommunizieren.
Ich machte ihm klar, wo wir hin wollten und ob es möglich sei, ohne Kontrolle wieder zurück zu kommen. Und siehe da, es klappte, die Antwort schrieb er ins Smartphone und ich wusste Bescheid.

Ein herzliches Dankeschön, eine Verabschiedung mit Handschlag, das waren wieder sehr nette Grenzer, die sich vielleicht gefreut haben, an ihrer abgeschiedenen Kontrollstelle mal Ausländer getroffen zu haben.

Irgendwo in Transnistrien
Kloster Citkani

Das Kloster Citkani ist recht hübsch, nichts außergewöhnliches. Wir schauten uns in der Klosterkirche um, wo wieder ein unablässig monton brabbelnder Mönch aus irgendeinem Buch vorlas. Drei weitere Mönche saßen seitlich und sprangen hin und wieder auf, bekreuzigten sich dreimal, verbeugten sich, setzten sich wieder hin. Die verbringen wohl den lieben langen Tag nur damit, in der Kirche zu hocken, sich zu bekreuzigen und so ein monotones Geleiere anzuhören. Für mich eine unverständliche Welt.

Ebenso wie die ältere Frau in der Kirche, die zu jeder Ikone ging, niederkniete, sich bekreuzigte und sie abschmatzte. Bei soviel äußerlich gezeigte Gläubigkeit kann ich nur den Kopf schütteln.
Draußen dann sprach uns ein Mönch an und führte uns in ein Kellergewölbe, wo früher wohl die gestorbenen Äbte in Gruften beigesetzt waren, zur Sowjetzeit dort aber herausgeholt wurden, als man das Kloster schloss. Ein Leichnam war noch in einer Kammer zu sehen. Der Mönch versuchte uns das alles auf Englisch zu erklären, ich konnte aber nur raten, was er meinte. Aber auch hier gut gemeinte Freundlichkeit, ein herzlicher Abschied mit Handschlag.

Zurück in Tiraspol

Auf anderem, sehr viel kürzerem Weg fuhren wir zurück nach Tiraspol und kamen direkt an dem am Dinister gelegenen Parkplatz vorbei, den ich aus Park4Night schon als Standplatz für die Nacht ausgemacht hatte. Von hier sind es wenige hundert Meter zum Stadtzentrum.
Gegen halb acht gingen wir nochmal los ins Zentrum, alles war schön beleuchtet, viele Menschen waren unterwegs. Das Bild, dass ich in der Reisevorbereitung auch über Youtube-Videos bekommen hatte, traf so gar nicht zu. Dort wurde suggeriert, Tiraspol sei noch genau so wie zu Zeiten der Sowjetunion, praktisch ein Museum. Absolut falsch, es ist eine saubere, moderne, aufstrebende Stadt, schöner als Chisinau und weit weg von dem Bild einer früheren sowjetischen Stadt. Nur noch vereinzelt findet man Hinweise auf diese Vergangenheit. Dennoch strebt man eher Russland zu als Moldau, was aus der Geschichte nach dem Umbruch des kommunistischen Machtblocks Ende der 80er Jahre herrührt. Aber natürlich möchte man nicht diese Zeit zurück.

Im Stadtzentrum sind an den Oberleitungsmasten für die Busse, die stammen tatsächlich noch aus der Sowjetzeit, Lautsprecher angebracht, aus denen aktuelle Rock- und Popmusik ertönt. Sie schallte auch zu unserem Platz herüber und ich fürchtete schon um unseren Schlaf, doch nicht allzu spät war Ruhe.
So konnten wir nun diese Nacht wieder im Wohnmobil verbringen.

Gefahrene Kilometer: 27 km

Landkarte: Fahrt zum Kloster Citkani

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