Vom fröhlichen Friedhof ins selige Weinland

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Fünfzigster Tag - Mittwoch, 22.09.2021

Erster Halt - Vulcanizare

In Rumänien und vor allem in Moldau hatten wir uns über die vielen Hinweise auf „Vulcanizare“ gewundert, Werkstätten für kaputte Reifen. Anscheinend wird das hier viel benötigt, denn ständig trifft man darauf. Brauchen wir nicht – hatten wir gedacht.

Am Sonntag kurz vor der Abfahrt sah ich im rechten Vorderreifen etwas Silbernes blitzen. Ohje, ein Nagel oder eine Schraube. Was nun? Erstmal fuhren wir weiter, auch den Montag noch und den Dienstag. Die Luft blieb anscheinend im Reifen. Vergessen wir das einfach.

Doch heute morgen musste ich einen größeren Luftverlust feststellen. Nun hieß also unser erstes Ziel „Vulcanizare“. Zum Glück mussten wir nicht lange fahren, bis wir einen entsprechenden Betrieb fanden. Kurz eingelenkt, schon standen wir auf dem Hof.

Reifenreperatur

Kein Kunde vor uns, der Chef kam sofort und wir suchten die Schadstelle. Die Schraube war nicht mehr zu sehen, der Kopf abgefahren und nun kam langsam aber stetig Luft durch dieses Loch. Wir stellten uns auf eine längere und kostspielige Reparatur ein, doch ehe ich mich versah war das Loch gestopft, der Reifen repariert. 10 Lei, zwei Euro, fünf Minuten Arbeit, das war`s, die Fahrt konnte weiter gehen. Bei uns daheim wäre ein neuer Reifen fällig gewesen.

Sapanta fröhlicher Friedhof Rumänien

Der fröhliche Friedhof

Nun ging es weiter die restlichen Kilometer bis Sapanta zum fröhlichen Friedhof. Der Himmel war grau, es regnete, kein Hinweis auf Besserung.
Der Weg zum Friedhof war ausgeschildert, ein Parkplatz schnell gefunden. Zur Hauptsaison ist hier wahrscheinlich nichts zu kriegen, alles voller Busse und Menschen. Jetzt ziemliche Leere.
Auf dem fröhlichen Friedhof werden seit Jahrzehnten die Gräber mit geschnitzten Kreuzen geschmückt, auf denen die Lebensgeschichte der Verstorbenen in bunten Bildern nacherzählt wird – im Guten wie im Bösen. Ein Brauch, der bis heute von dem Schnitzer Dumitru Pop aufrechterhalten wird. Jedes Kreuz ist ein Kunstwerk und der Friedhof Dank ihm kein Ort der Trauer. Wir schauten uns intensiv um, machten viele Bilder und erfreuten uns an den bunten Kreuzen mit den lebhaften Darstellungen darauf.

Sapanta fröhlicher Friedhof Rumänien
Sapanta fröhlicher Friedhof Rumänien
Sapanta fröhlicher Friedhof
Sapanta fröhlicher Friedhof Rumänien
Jedes Kreuz hat seine Bedeutung

Dank meiner Freundin Monika hier die Übersetzung:

Unter diesem schweren Kreuz liegt meine arme Schwiegermutter.

Hätte sie noch drei Tage gelebt, läge ich da und sie würde leben.

Ihr, die ihr hier vorbeikommt, versucht sie nicht zu wecken, denn, käme sie nach Hause, würde sie mich wieder fertig machen.

So aber werde ich tun als käme sie nie wieder.

Euch, die ihr das lest, soll´s nicht so ergehen wie mir.

Sucht euch eine gute Schwiegermutter und habt ein schönes Leben mit ihr.

Sie lebte 82 Jahre lang.

Sapanta fröhlicher Friedhof Rumänien
Sapanta fröhlicher Friedhof Rumänien

Hier ruhe ich mich aus

Holdis Toader heiße ich.
Mir hat es gefallen mich mit Strom zu beschäftigen.

Mit Strom habe ich gearbeitet, leicht damit mein Geld verdient.

Und  mit denen, mit den ich gearbeitet habe, habe ich mich sehr gut verstanden.

Wir haben gelacht und Spaß gehabt, und alle haben mich  geliebt.

Der Herr gab mit zwei Söhne, welche mir zwei  Schwiegertöchter brachten und drei kleine Enkel.

Schwer habe ich mich von ihnen verabschiedet.

Das selige Weinland

Beate hatte von einer Freundin den Hinweis auf Weinkeller südlich von Satu Mare im Ort Bildegg oder rumänisch Bietiug bekommen. Wo genau sollten wir mal googeln. So hatte ich eine Adresse herausgefunden, zu der wir fahren wollten, um vielleicht noch etwas rumänischen Wein zu kaufen. Dorthin zu kommen bedeutete ziemliche Fahrerei, u.a. durch die sehr verkehrsreiche Stadt Satu Mare, in der es vor den zahlreichen Kreisverkehren zu mächtigen Staus kam. Eigentlich sollen Kreisverkehre ja den Verkehr in Fluss halten, hier taten sie das Gegenteil.
Raus aus Satu Mare ging es wieder flott voran, man hat das Gefühl, gar nicht mehr in Rumänien zu sein, zumindest nicht in dem, das wir bisher kannten. Überall wunderbare Straßen, fast kaum noch Schlaglöcher, man konnte flott und mit hoher Geschwindigkeit fahren. Inzwischen hatten wir das Bergland verlassen, jetzt war alles nur noch flaches Land.

 

Irgendwo
Irgendwo
Irgendwo

In Bildegg angekommen hielten wir Ausschau nach Hinweisschildern auf ein Weingut, das ich im Internet ausfindig gemacht hatte. Tatsächlich fanden wir an einer Hauswand entsprechende Hinweise, denen wir nur folgen mussten. Am Ziel angekommen stand an der Tür „Bitte klingeln“. Wie geheißen so taten wir. Nach einiger Zeit schaute eine Frau heraus, ich fragte, ob wir vielleicht eine Weinprobe machen könnten? Sie meinte nur „I don`t understand“. Im gleichen Moment kam ein jüngerer Mann daher, der uns in deutsch ansprach und sich als Besitzer des Weinguts herausstellte. Er bat uns herein, zeigte ein wenig seinen Weinkeller und erklärte uns einiges um ihn herum. Dann konnten wir vier verschiedene Weine, zwei weiße und zwei rote, probieren, entschieden uns jeweils für einen weißen und einen roten, kauften je sechs Flaschen und waren zufrieden. Nun bot uns der Herr Weingutsbesitzer an, wenn wir nicht weiterfahren wollten, auf seinem Grundstück stehen zu bleiben und die Nacht hier zu verbringen. Da wir schon genug gefahren waren, nahmen wir das natürlich dankbar an. Für unsere Homepagearbeit bat ich ihn noch um das Passwort für den Internetzugang, was wir selbstverständlich bekamen. Ein richtiger Glückstag heute wieder einmal. Sogar das Wetter schien sich etwas aufzuhellen.

Ein wenig vertraten wir uns noch die Beine, kamen zu ein paar Walnussbäumen und konnten hier in Windeseile einen schweren Beutel voll Nüsse sammeln.
Ein weiterer schöner Tag ging, trotz des Wetters, zu Ende.

Gefahrene Kilometer: 162 km

Landkarte: Vom fröhlichen Friedhof ins Weinland

Irgendwo
Die kleinen Weinkeller in Bildegg

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